Wenn wir einen Online-Shop betreten, bestimmt unser Unterbewusstsein schnell, ob und wie lange wir darin verweilen möchten. Neben dem Wunsch nach einer einladenden Startseite, einer aufgeräumten, sinnvollen Navigation, einer klaren Seiten-, sowie Layoutstruktur und einer schnellen und unkomplizierten Performance sind wir Menschen eigentlich ganz einfach gestrickt: Einer der wichtigsten Punkte für das Wecken des Interesses ist Emotion auf dem kürzesten Weg, nämlich durch die passende Bilderwelt. Visuelle Reize entscheiden initial sehr schnell, ob wir uns auf einer Seite wohlfühlen und bleiben möchten.

Dabei geht es nicht nur darum, jede Kategorie zu einer emotionalen Explosion zu machen, sondern auch um Offenheit, sinnvolle Detailliebe und Echtheit. Was uns eine Geschichte erzählt, was uns eintauchen lässt und ehrlich ist, schafft einen Rahmen und lässt uns verstehen, warum wir etwas wirklich benötigen. Und natürlich ist das von Produkt zu Produkt immer eine individuelle Geschichte. Es gibt dennoch ein paar Basics, mit denen wir schon sehr viel bewegen können, um Kunden nicht nur zu interessieren, sondern auch stöbern und zu einem potentiellen Kauf bewegen zu lassen.

Bilder im Onlineshop: Eine Zielwirkung definieren

Grob unterscheiden wir auf einer Online-Präsenz mit Shop Visuals in zwei Kategorien: Stimmungsbilder wie Kategoriebilder, Headerbilder, visuelles Storytelling sowie Inhaltsbilder und Produktbilder auf der anderen Seite. Bei Beiden ist die Herangehensweise der Aufnahme und Auswahl vom Ziel des Wirkungswunsches abhängig, welches sich natürlich maßgeblich unterscheidet.

Dennoch sind die Fragen, die wir uns vor Produktion und Auswahl stellen sollten, sehr ähnlich gelagert:

1. Das Bildkonzept

Wir sollten uns darüber klar werden, für welche/s Marke/Produkt wir ein Bildkonzept erstellen möchten und können davon ausgehend eine Zielgruppe definieren. Das ist natürlich ein absolutes Basic und bei dem Schritt „Bildkonzept erstellen“ hoffentlich schon in der Design-Konzeption definiert worden, aber nichtsdestotrotz essenziell und daher erwähnenswert. Möchten wir beispielsweise eine Sonnenbrille für flotte Mittsechziger:innen bewerben, ist es weniger sinnvoll eine:n Mittzwanziger:in mit einem Surfbrett unterm Arm an einer halsbrecherisch felsigen Surfküste mit 20m hohen Meerwellen zu illustrieren. Das könnte unter bestimmten Umständen funktionieren, wenn wir eine Transferleistung mit Humor oder ähnlichen Gefühlen erbringen, aber für unseren Fall bleiben wir bei dem offensichtlichen Beispiel. Wir fragen also nicht nur nach dem Alter unseres Zielpublikums, sondern auch nach der Art der Klientel, zum Beispiel nach dessen sozialen Umfeld, ob Business- oder Privatkunde, Herkunft, finanzielle Situation, aber auch, mit was für Problemen die angesprochene Gruppe kämpft, welche etwaigen Wünsche ihr vorschweben und wie wir Potenziale ansprechen könnten.

Je detaillierter die Zielgruppen- und Produktanalyse desto stabiler der Rahmen, in dem wir uns bewegen können.

2. Visual Storytelling und Emotion

Eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Komponente beim Anregen eines Kaufwunsches durch Visualisierung, ist es, verbindende Emotionen beim Betrachter zu erzeugen – also bedienen wir uns am Werkzeug des Visual Storytelling. Das ist nichts anderes, als mit visuellen Mitteln, z.B. Fotos, Bewegtbildern oder auch Grafiken, eine Geschichte zu erzählen und in der heutigen Online-Welt nicht mehr wegzudenken. Mit visuellen Geschichten können wir uns die/den Betrachter:in sofort ins Boot holen: Wir geben den Blickwinkel vor, provozieren durch bewusstes Hinzufügen oder Weglassen von (Bild-)Details, Assoziationen und Gefühle und geben den Raum, das Narrativ im Kopf weiter zu erzählen. Das funktioniert für Einzelfotos genauso, wie für Bildreihen.

Nehmen wir beispielsweise den Onlineshop eines Möbelhauses: Für die Präsentation der neuen Sommerkollektion für Gartenmöbel soll ein Raum geschaffen werden, der uns bestmöglich in unserem Lebensraum und vielleicht auch kleinen Träumen abholt. Also könnte eine hypothetische Kategorie „Endlose Sommernächte“ heißen und eine Fotoreihe davon zeigen, wie fröhliche Menschen in einem wunderschön grünen Garten erst einen Tisch decken, Stühle und Liegestühle aufstellen, Lichterketten aufhängen, den Grill anschmeißen, sich nachher mit Weingläsern zuprosten, viel lachen, sich bunte Servietten reichen, Kerzen anzünden, Kinder bespaßen, usw. Dazwischen vielleicht noch ein kluges, sommernachtsuntermalendes Zitat und Detailbilder von Händen an Besteck und Tellern, Blumen in stylischen Vasen, etc. Das alles darf gerne in warmen Farben, einem Fotostil, der mit der Zeit schwingt und nicht zu perfekt dargestellt werden, damit ein persönlicher Bezug hergestellt, Phantasie angeregt und Sehnsucht nach „endlosen Sommernächten" aktiviert werden kann.

Natürlich sind die Möglichkeiten nahezu unendlich. Elementar ist, dass wir zu unserem Produkt genau die Bildsprache anwenden, die zur gewünschten Emotion hinleitet. Das kann in einem „B2B“-Kontext noch einmal ganz anders aussehen als hier im „B2C“-Beispiel.

3. Stilmittel/Bildaufbau/Bildsprache

Sind Ziel und Story definiert und Bildideen aufgeschrieben, ist nach der Motivplanung auch die gestalterische Umsetzung ein essenzielles Mittel, um Bilder ins richtige Licht zu rücken.

Hier sind Rädchen, an denen wir drehen können:

Motiv: Das Motiv ergibt sich aus der Geschichte, die wir erzählen wollen, darüber sprechen wir in den ersten beiden Punkten.

Bildformat: Bildformat ist nicht gleich Bildformat – im Printbereich zum Beispiel können wir mit verschiedenen Formaten verschiedene Spannungsverhältnisse erzeugen. In der digitalen Welt haben sich allerdings Querformat und für Produkt- oder Inhaltsbilder das quadratische Format etabliert, nicht zuletzt aufgrund von Device- und Websiteformaten. Ein Header im Hochformat etwa würde sehr viel Platz wegnehmen und somit die Usability deutlich erschweren, besonders auf mobilen Endgeräten.

Bildaufbau/-aufteilung: Je nach dem, was wir darstellen und worauf wir den Schwerpunkt legen wollen, gibt es auch hier fast keine Grenzen. Dennoch kann als Basis die sogenannte „Drittelregel“ (Stichwort: „Goldener Schnitt“) zur Hilfe genommen werden, die die Bildfläche in hoch und quer durch jeweils 2 Linien in 9 gleich große Felder aufteilt und an denen entlang wir uns mit Horizontlinien und Motivplatzierung orientieren können.

Es funktioniert ebenso, das Motiv zentral im Bild zu auszurichten – für nahe Portraits kann das eine zusätzliche persönliche Ebene bedeuten, und außerdem eine aufgeräumte Wirkung um ein bestimmtes Objekt/Subjekt suggerieren. Daher findet diese Technik oft beim Herstellen von Produktfotos Verwendung. Platzieren wir das Motiv auf der rechten Drittellinie, erzeugen wir eine offenere, zugänglichere und interessantere Bildwirkung, zusätzliches Verschieben auf die obere Drittellinie gibt uns das Gefühl von Augenhöhe.

Weitere Punkte, die die Wirkung und Dynamik des Bildaufbaus beeinflussen, sind die Anordnung der Fluchtlinien (statisch oder schräg), Symmetrie, Muster, „Weiß“raum, Einfachheit, Fülle, die Gestaltregeln, usw.

Schärfepunkt/Schärfentiefe: Um das Motiv noch klarer hervorzuheben und/oder einzufügen in die Gesamtkomposition, spielt die Öffnung der Blende eine Rolle. Damit können wir kontrollieren, wie klein oder groß der Schärfebereich des von uns fokussierten Motivs sein soll. Besonders offene Blenden zeichnen den nicht fokussierten Bereich weich (Bokeh) und stellen das Motiv sichtbar vor dem Hintergrund frei. Dieser Effekt ist besonders passend für People-, Motion- und Detailfotografie.

Farbwelt: Dank diverser Bildbearbeitungsprogramme können wir Fotos immer ein Stück weit in unsere gewünschte Zielwirkung bewegen, indem wir die Lichtfarbe anpassen (warm oder kalt) und mit diversen Optionen Farbveränderungen herbeiführen, als auch die Tiefe von Schatten und Lichtern, Kontrasten, etc. bearbeiten.

Die Farbwelt von Bildern hat insofern einen besonderen Einfluss auf die emotionale Komponente, als dass wir damit ganze Stimmungen abfangen können. Kühlere Bilder bedeuten oft kühlere Emotionen, z.B. Trauer, Melancholie, Neutralität, aber auch Winter, Eis, Geradlinigkeit; Kopflastigkeit etc., während im Gegenzug dazu warme Farben eher den sprudelnden Gefühlen, wie Liebe, Herzlichkeit, Freude, Sommer, Wärme, etc. zugeordnet wird.

Bildstil: Von Hochglanz über Editorial, Motion, Retro, clean, etc. – Es gibt viele Möglichkeiten, Fotografien mithilfe gängiger Bildbearbeitungsprogramme in eine bestimmte Richtung zu lenken, sie zum Beispiel „retro“ aussehen zu lassen oder auch ganz sauber und aufgeräumt. Wichtig ist jedoch nur, dass das Ausgangsmaterial schon die entsprechende Grundlage dafür bietet.

Bei aller Emotion, die wir in unserem Storytelling erzeugen, ist es jedoch wichtig, dass wir bei der Erstellung von Produktbildern ein Stück weit unterscheiden. Natürlich ist es sinnvoll, Gartenmöbel „in Aktion“ zu zeigen, genauso wichtig ist es aber die Produkte vor einem neutralen Hintergrund (vorzugsweise Weiß oder Hellgrau), sauber, farbecht und von allen wichtigen Seiten, auch im Detail, zu fotografieren. In Kombination mit den lebendigen Story-Visuals gibt dies dem:der Betrachter:in Sicherheit und das Potenzial eines Kaufs wird gesteigert.

4. Qualität

Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten, ein „sauberes“ und qualitativ hochwertiges Bild (ausgehend vom technischen Aspekt) zu generieren. Vorzugsweise verwenden wir eine gute DSLR oder spiegellose Systemkamera, bei der wir die Möglichkeit haben, manuelle Einstellungen vorzunehmen und vor allem großformatige Bilder aufzunehmen.

Erstens ist es nie schön, verpixelte, verrauschte oder mit Artefakten versehene Bilder zu betrachten und kann vor allem im Online-Handel fehlende Qualität suggerieren – gefühlte Hochwertigkeit findet sich in genau solchen Details. Zweitens tun wir gut daran, wenn die Möglichkeit bestünde, in die Produktbilder hineinzuzoomen. Bei einem Erwerb vor Ort würden wir vielleicht mit der Hand über die Oberfläche eines Möbelstückes streichen und uns gegebenenfalls Maserung und Ähnliches aus der Nähe ansehen wollen. Auch hier sehen wir: Details werten die Produktpräsentation auf.

Wer übrigens mit Stockfotos arbeiten möchte, dem/der sei gesagt, dass auch da in den meisten Fällen die Möglichkeit besteht, sehr große Bilder einzukaufen. Unser Tipp ist, das Ausgangsmaterial immer ein bisschen größer als nötig einzukaufen/zu erstellen.

5. Performance

Nicht zu unterschätzen sind Ladezeiten von Websites, die oft nach oben getrieben werden, wenn Bilder gar nicht oder falsch formatiert sind und riesige Dateigrößen entstehen. Je nach Anwendungsbereich können wir uns aber an etwa 200kb pro Bild orientieren, das kann natürlich mal mehr und mal weniger sein – 1MB zum Beispiel wäre allerdings schon zu groß und würde den Ladevorgang stark hemmen. Hierfür ist es ratsam, sich mit dem:der verantwortlichen Frontend-Entwickler:in abzustimmen, denn es gibt hierfür nicht nur die Tools der gängigen Bildverarbeitungsprogramme (Lightroom, Photoshop, etc), sondern auch serverseitige Plugins für CMS, Shopsystem, usw., die mit der Massenverarbeitung von Digitalerzeugnissen schnell und effizient zurechtkommen.

6. SEO/SEA-Tauglichkeit

Auch das ist ein Fall für eine:n entsprechende:n Spezialist:in, dennoch so wichtig, dass ich es nicht unerwähnt lassen möchte. Google straft uns ab, wenn es die Bilder nicht suchmaschinengerecht indizieren kann, weil etwa Meta- und Alt-Tags fehlen. Wir als Bildersteller:innen können dafür zumindest so viel tun, dass wir an die richtigen Metadaten in den Bildinformationen (direkt am Foto) denken und welche wir unter Anderem auch mit tags versehen können. Außerdem fällt Google ein sprechender Name, der etwa das Motiv auf dem Bild, den Zweck und die Firma beinhaltet, schon positiver auf als eine kryptische Zahlen-Buchstaben-Kombination.

Ja, die Konzeption und Erstellung von Bilderwelten ist ein weites und spannendes Feld, in dem wir uns endlos verlieren können. Alle hier genannten Punkte sind Wissensbereiche, die, jeder für sich, noch viel weitläufiger sind, als hier angerissen. Dennoch: Achten wir bei unserem Online-Projekt nur auf ein paar der oben genannten Anregungen, sichern wir uns einen großen Teil unserer Wunschqualität und damit das Wohlwollen der Zielgruppe.